Max Neukirchner bei HANNspree Ten Kate Team

Max Neukirchner fährt in der Superbike-WM 2010 für das HANNspree Ten Kate Team

07-11-2009

Max Neukirchner, der einzige Deutsche in der Superbike-WM, wird in der Saison 2010 eine CBR1000RR Fireblade für das werksunterstützte HANNspree Ten Kate Honda Team steuern. Der 27-jährige Sachse holte als künftiges vierrädriges Dienstfahrzeug schon mal einen Honda CR-V bei der Honda Zentrale in Offenbach/Main ab – eine gute Gelegenheit für ein Interview.

"Fühlte mich gleich zu Hause"

"Deine Rückkehr zu Honda hat viel Begeisterung ausgelöst, wie kam es dazu?"
Max Neukirchner: "Es gab einige Turbulenzen beim bisherigen Team, die dazu geführt haben, dass ich plötzlich frei gestellt war. Ich wusste, dass bei Honda Ten Kate noch ein Platz unbesetzt war, habe den Kontakt gesucht und bin mit offenen Armen aufgenommen worden. Ich bin bereits von 1999 bis 2005 auf Hondas gefahren, 125er, 250er Zweitakter, dann 600er und schließlich 1000er Viertakter in der Weltmeisterschaft. Ich weiß also, was mich erwartet. Ich habe zusammen mit meinem Berater Arndt Seidel entschieden, erst gar nicht bei einem anderen Team anzuklopfen."

"Was spricht für Ten Kate?"
Max Neukirchner: "Ein Blick auf die Ergebnislisten der letzten zehn Jahre sagt da schon alles: sieben Supersport WM-Titel in Folge, ein Superbike-WM Titel, zweimal Vize, unzählige Rennsiege. Ich wollte unbedingt zu einem professionellen Team. Das ist bei Ten Kate der Fall. Gerrit und Ronald Ten Kate sind Honda-Händler in Nieuwleusen bei Zwolle und treiben seit 16 Jahren Motorrad-Rennsport. Wir haben uns auch ihre Firma angeschaut, es ist extrem beeindruckend dort."

"Hat es lange gebraucht, um vertragseinig zu werden?"
Max Neukirchner: "Der erste Kontakt war in Magny Cours, das Interesse war sehr groß, dann gab es einen Besuch in Holland beim Team, darauf haben wir einen Vorvertrag gemacht, drei Tage später den endgültigen Vertrag. Es ging sehr schnell, alles in allem keine 10 Tage. Der Vertrag gilt zunächst für ein Jahr und beinhaltet eine Option für 2011 und 2012."

"In Portimao konntest Du die Ten Kate-Honda das erste Mal testen. Dein Eindruck?"
Max Neukirchner: "Besser als erwartet. Ich bin nach dem Monza-Unfall sechs Monate nicht im Sattel gesessen. Den Imola-Test, bei dem ich mich erneut verletzt habe, lasse ich mal außen vor. Das Motorrad war neu für mich, das Team auch, aber alle haben mich sehr nett und freundlich aufgenommen. Die Fireblade ist eine gute Maschine. Stark, leicht zu beherrschen, angenehmes Einlenkverhalten. Ich bin zwei Tage gefahren und fühlte mich gleich zu Hause. Selbst wenn man etwas spät auf der Bremse ist, kriegt man trotzdem noch die Linie – wirklich schön zu fahren. Das Gefühl wurde von Runde zu Runde besser, die Fahrfreude war schnell wieder da."

"Muss man sich um Deinen Gesundheitszustand noch Sorgen machen?"
Max Neukirchner: "Nein. Die Ärzte haben mit grünes Licht gegeben. Natürlich sollte ich möglichst nicht gleich wieder auf die gleichen Stellen fallen. Ich trage jetzt einen großen Nagel im rechten Oberschenkel und beim 12. Brustwirbel ist ein Ersatzwirbel drin. Alles ist gut verheilt, ich bin schmerzfrei. Wenn ich laufe und mich anstrenge, fühle ich etwas im Fuß, aber auf dem Motorrad habe ich gar nichts gespürt. Nach den zwei Tagen Testfahrt hatte ich etwas Muskelkater, mehr nicht."

"War der Speed gleich wieder da?"
Max Neukirchner: "Ich bin besser zurecht gekommen als erwartet. Ich hatte nur minimale Probleme. Aber ich denke es liegt an mir, das Gefühl wieder zu finden, dass man am Kurvenausgang im Rutschbereich operiert und mit einem Slide herumkommt, ohne ein ungutes Gefühl zu haben. Das letzte Mal bin ich ja mit einem Highsider abgestiegen, deshalb war sicher noch ein bisschen Respekt im Unterbewusstsein. Vielleicht muss ich auch nur meinen Fahrstil ein bisschen ändern. Denn je spitzer man fährt, desto besser fühlt sich die Ten Kate Fireblade am Hinterrad beim Rausbeschleunigen an."

"Wie lange wird es dauern, bis Dein fahrerischer Stand vor Monza wieder erreicht ist?"
Max Neukirchner:"Wenn das erste Rennen 2010 beginnt, werde ich zu 100 Prozent fit sein. Natürlich kann man nicht ausschließen, dass nach den ersten zwei, drei Rennen noch eine Steigerung stattfindet. Ich bin dieses Jahr nur vier Rennen gefahren. Die richtige Erfahrung sammelt man nur im Rennen. Man muss sich erst wieder hinein finden. Ich trainiere zwar viel, aber die Rennpraxis ist nicht zu ersetzen."

"Wie sieht Dein Trainingsprogramm aus?"
Max Neukirchner:"Ich habe einen persönlichen Trainer, wir machen alle acht Wochen einen neuen Trainingsplan und zwischendurch Fitnesstests. Im Winter wird mehr Kraft aufgebaut und anschließend auf Ausdauer umgeschwenkt."

"Im Kopf bleibt nichts zurück?"
Max Neukirchner: "Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht, wie es sein wird, wenn ich wieder Rennen fahre, wenn man wieder stürzt – das ist sicher normal. Ich denke, dass ich alles gut verkraftet habe. Im Kopf ist alles okay. In Portimao jedenfalls lief es jede Runde besser und jetzt freue ich mich schon tierisch auf den nächsten Test Mitte Dezember in Valencia. Und im Januar 2010 wird in Portimao weiter getestet."

"Wie fährt sich die aktuelle Fireblade im Vergleich zu dem Vormodell, dass Du 2005 gesteuert hast?"
Max Neukirchner: "Die Neue hat mehr Leistung, ist schmaler und handlicher; das Motorrad wirkt kürzer, man sitzt näher und aufrechter am Lenker. Bis jetzt habe ich nur positive Verbesserungen festgestellt."

"Was erwartet Ten Kate Honda nächstes Jahr von Dir?"
Max Neukirchner: "Nun, auf jeden Fall nicht den WM-Titel. Top Five-Ergebnisse und Podestplätze werden schon erwartet, das ist auch mein Ziel. Wobei in meinem Kopf das Ziel natürlich immer ein bisschen höher gesteckt ist."

"Ist es gut oder weniger gut, einen starken Teamkollegen zu haben?"
Max Neukirchner:"Johnny Rea ist ein junger Engländer, er ist erst 23, ich kann ihn gut leiden, wir haben schon einiges neben der Rennstrecke zusammen unternommen. Es ist positiv, wenn man sich mit dem Teamkollegen gut versteht. Das er schnell ist ebenso, dann lässt sich das Motorrad besser weiterentwickeln."

"Martin Bauer hat mit einer Fireblade mit elektronisch gesteuertem Combined ABS beim IDM-Finale in Hockenheim gewonnen. Ist ABS im Rennsport auch für Dich und das Ten Kate Team ein Thema?"
Max Neukirchner: "Wenn es eine Gelegenheit geben sollte, ein Racing-ABS zu testen, würde ich das gerne tun. Das wäre gewiss interessant und vor allem im Regen ein Vorteil. Aber das muss das Team entscheiden, ob sie in diese Richtung arbeiten wollen oder nicht. Ich gehe davon aus, dass das ABS in die komplette Bordelektronik integriert sein muss. Ten Kate verwendet Elektronik und Data Recording eines englischen Zulieferers. Alles miteinander zu verbinden scheint im Moment eher unwahrscheinlich. Wie sich das entwickeln wird, bleibt abzuwarten."

"Wer wird Superbike-Weltmeister 2010?"
Max Neukirchner: "Zum Favoritenkreis zählen mein Teamkollege Jonathan Rea, der sicher ein Wörtchen mitreden wird, er hat ja dieses Jahr schon ein paar WM-Läufe gewonnen. Und Noriyuki Haga, wenn er den Tiefschlag, es wieder nicht geschafft zu haben, gut wegsteckt. Crutchlow und Toseland werden auch ordentlich mitmischen. Max Biaggi war konstant gut zum Schluss. Na ja, und ich klopf dann mal von hinten mit an."

"Einen 160 PS starken Honda CR-V mit Allradantrieb gibt es nun als Dienstauto. Was für ein Motorrad wünscht sich Max Neukirchner dazu in die Garage daheim in Stollberg?"
Max Neukirchner: "Da ich schon auf der Piste schnell fahren darf, mag ich es auf der Straße eher komfortabel und gemütlich. Ein hubraumstarker Roller würde mir gefallen. Keine Parkplatznöte, mal eben den Badeteich ansteuern, praktischer geht es doch kaum – und dazu einen 50er Zoomer für das Fahrerlager. Mit dem Auto kommen im Jahr etwa 50.000 km zusammen. Auch hier brauche ich keinen Sportwagen. Bei Vierrädern sollte es bequem sein, viel Platz bieten und Allrad haben, denn bei uns im Erzgebirge sind die Winter schon heftiger – da ist der CR-V, den ich jetzt bekommen haben, sicher ideal."

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